Die Grundlegung des Bildungsbegriff beginnt zur Zeit Platons durch die Paideia – Bildung als zentraler Wertbegriff. Damit verbunden ist die Möglichkeit der freiheitlichen Lebensgestaltung und eine Hinwendung zu Wissen und Erkenntnis. In seinem Werk Politeia verwendet Platon das Höhlengleichnis zur Klärung der Frage: Was bedeutet Bildung und wie sie ermöglicht werden kann.
Das Höhlengleichnis
In dem Höhlengleichnis müssen die Menschen in einer Höhle – der Schein-Welt – leben. Sie sind gefesselt und können nur auf eine Höhlenwand blicken. Das einzige Licht in der Höhle kommt von einem Feuer, zwischen diesem und den Gefangenen befindet sich eine Mauer. An der entlang andere Menschen Gegenstände, zum Unwissen der Gefangenen, vorbeitragen. Die Gefangenen sehen nur die Schatten der Gegenstände auf der Höhlenwand und halten diese für das Wahre.
Einer der Gefangenen wird befreit und zum Ausgang der Höhle gezerrt. Die sich ihm zeigenden Dinge und Verhältnisse blenden und verwirren ihn. Er erkennt die Sonne – die Idee des Guten, die Sein-Welt – als das was alles zum Vorschein bringe, das Wahre, Zusammenhänge und die Wahrheit erkennen lässt.
Der Bildungsweg des Menschen beginnt nach Platon in der ihm sichtbaren Welt, die aber eine täuschende Erscheinung ist. Erst das Überschreiten von der sichtbaren in die denkbare Welt bringt die erhoffte Erkenntnis. Platon begreift Bildung als eine Transformation seiner selbst und damit auch als Arbeit an sich selbst. Diese Transformation zielt auf die Veränderung des Verhältnisses, dass der Mensch zu sich, zu seinen Mitmenschen und der Welt hatte. Diese Umwendung des Blicks wird als Periagoge bezeichnet – die Periagoge der Seele, von den Schatten der Dinge zu ihrem Sein.
Der so Befreite (Philosoph) erkennt die Höhle als Schein-Welt und kehrt in diesem Wissen in die Höhle zurück, um den anderen Gefangenen von der „wahren Welt“ zu berichten und sie aus der Höhle herauszuholen – hierin liegt die wichtige zweite Umwendung.
Leider hatten die Gefesselten Angst vor dem vor dem Ungewissen, das was außerhalb der Höhle zu existieren schien und töten den Befreiten 🙁.
Die Theorie in unserer Gegenwart
In Platons Bildungstheorie, also der Blick auf Bildung als Transformation, handelt es sich um einen inneren Prozess und einen veränderten Blickwinkel.
Die Bedeutung der Theorie in der Gegenwart erfasst die kulturellen, gesellschaftlichen und auch politischen Belange. Diese bedingen stets auch einen veränderten Blick, auf Identitäten und Begriffe.
Die Menschen, die in der Höhle sitzen und sich die Schattenbilder anschauen, können mit uns heute verglichen werden – blickend auf unsere Smartphones, gebannt von dem, was uns dort, z.B. in den Social Media gezeigt wird. Ist das, was wir sehen, die Wirklichkeit? Das Dargestellte ist leider oft die Scheinwelt – meist täuschend echt aufbereitet.
Der Bildungsprozess bei Platon wird angestoßen durch einen Impuls, der den richtigen Weg weist und neue Perspektiven eröffnet. Die heutigen Menschen aus ihrer Naivität herauszuholen und zu zeigen, dass sie das aus jener augenscheinlichen Wirklichkeit nicht immer glauben sollten. Es geht um das Setzen eines Zweifels und um die Aufforderung zu überprüfen – was ist Wirklichkeit?
Gemäß der platonischen Bildungstheorie nach T. Ballauff kann ein Mensch nur dann ein Wissender werden, wenn er emanzipatorische Gedanken (Befreiung), partizipatorische Gedanken (Aufstieg), theoretische Gedanken (Erkenntnis), periagogische Gedanken (Umlenkung), politisch-praktische Gedanken (Wissen) durchdacht hat.
Anders gesagt… frei machen von Ängsten, Zwängen und Vorurteilen und sich die Welt mit eigenen Augen zu erschließen und vor allem kritisch und mitdenkend zu verstehen.
Ein Perspektivenwechsel – seine eigene Meinung auch mal überdenken – zu gewissen Themen und vielleicht sogar Weltanschauungen, die einem erst durch den Bildungsprozess klar(er) werden.